Hendrik Freund ist Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenbank im Grabfeld. Der Sitz der Bank ist im unterfränkischen Sulzdorf a. d. Lederhecke. Das Grabfeld ist die Bezeichnung der Region und zugleich das Geschäftsgebiet welches sich sowohl in Thüringen als auch in Bayern befindet. Die größte Geschäftsstelle befindet sich in der thüringer Kleinstadt Römhild. Bei einer Bilanzsumme von 177 Mio. Euro arbeiten 41 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der erfolgreichen Bank. In der Tochtergesellschaft, die sich um Immobilien und das bankeigene Café kümmern sind nochmals 20 Menschen beschäftigt.
Hendrik, zunächst herzlichen Glückwünsch zur Wiederwahl in den IG Vorstand.
Du hast alle Stimmen der Mitgliedsbanken aus dem ihrer Region erhalten. Nun kannst du dich in einer weiteren Periode als Bundessprecher für unsere kleinen und mittleren Genossenschaftsbanken einbringen.
Seit wann bist du im Vorstand der IG tätig und wann wurdest du zum Bundessprecher der IG gewählt?
Hendrik Freund:
Lass mich hierzu etwas mehr ausholen. Meine Bank, die Raiffeisenbank im Grabfeld eG, ist seit 2008 Mitglied der IG. Ich selbst bin in der Bank seit 27 Jahren und seit 2009 Vorstand. Die Mitgliedschaft zur IG im Jahr 2008 war auf meine Veranlassung hin getätigt worden. Somit wurde bereits damals unbewusst der Grundstein dafür gelegt. Ich habe in den ersten 10 Jahren meiner Vorstandstätigkeit in der Bank mich ausschließlich darauf konzentriert, meine Bank zu entwickeln. Auch das Kennenlernen der Gepflogenheiten und Besonderheiten unserer Genossenschaftlichen Gruppe hat viele Jahre angedauert und hört gefühlt nie auf. Ich habe mich vor ca. 6 Jahren erst dazu entschieden, mich mehr in Gremienarbeit einzubringen, da ich das Gefühl hatte, nun erfahren genug zu sein und mit meinem Wissen und Kompetenz helfen zu können. Ich habe mich dann bewusst für die IG entschieden, da die IG meinen Wertevorstellungen und Zielen entspricht. So bin ich vor ca. 6 Jahren erst als kooptiertes Vorstandsmitglied, dann als Regionalsprecher für den GVB Nord und vor ca. drei Jahren als Bundessprecher der IG gewählt worden.
Seit Du als Bundessprecher tätig bist, wurde die IG in gewisser Weise „neu“ aufgestellt. Was waren die Gründe dafür und was war Dir bei der Neuaufstellung wichtig?
Hendrik Freund:
Bereits mit meinem Vorgänger zusammen hatte ich die Idee entwickelt, dass wir die IG professioneller aufstellen müssen. Nicht der IG wegen, sondern um für die Mitgliedsbanken ein noch besserer Partner und Unterstützer in und für die Genossenschaftliche Gruppe zu sein. Wie jeder dieser Prozesse der Weiterentwicklung begann alles mit einer Analyse der Ausgangssituation, einer Entwicklung einer Vision, Mission und Strategie. Dabei stand nie die IG an sich im Mittelpunkt, sondern die kleinen und mittleren Genossenschaftsbanken. Wir haben die IG dann als quasi „Werkzeug“ so ausgerichtet und ausgestattet, dass die gesteckten strategische Ziele für die Primärbanken erreicht werden können.
Dabei war mir besonders wichtig, dass wir immer professionell und kompetent handeln. Egal wo wir uns einbringen, geht es immer um die Sache auf fachlich, sachlicher Augenhöhe mit der Kompetenz für das operative und strategische Maß.
Dazu galt es das Team in der Geschäftsstelle und der IG-Vorstände weiter zu stärken und gemeinsam zu vereinen. Bei uns darf es kein „Ich“ sondern nur ein „Wir“ geben. Denn nur das macht uns stark. Ein schönes Beispiel dafür ist zum Beispiel, dass ich bei der Vereinsgründung vor ca. 3 Jahren umgesetzt habe, dass es bis zu drei stellvertretende Bundessprecher gibt. Wir haben damals dann mit Markus Urban und Jörg Porsche direkt zwei Stellvertreter für mich gewählt. Für mich gibt es zwischen mir und den Stellvertretern keinen Unterschied. Wir treten immer gemeinsam auf und alle Entscheidungen treffen wir gemeinsam. Neben den bereits bestehenden regelmäßigen Vorstandssitzungen mit allen IG-Vorständen habe ich die Bundessprechersitzungen ins Leben gerufen, damit wir uns besser vereinen und abstimmen können. Dies ist zwar mit mehr Zeitaufwand aber auch mit tollen Erfolg verbunden.
Was waren die wichtigsten Themen und Projekte die Du in deiner Zeit als Bundessprecher angegangen bist?
Hendrik Freund:
Die bereits angesprochene Gründung des Vereins vor ca. 3 Jahren war durch mich federführend gemeinsam mit meinem Vorgänger ein wichtiger Meilenstein. Einher ging der genannte Strategieprozess.
Die darauf folgende operative Umsetzung der Strategie war jedoch dann der echte Erfolg. Wir haben uns auf die Fahnen geschrieben, noch viel aktiver mit allen Verbundpartnern, Verbänden und Aufsicht zusammen zu arbeiten und uns frühzeitig in die Arbeit einzubringen. Dafür mussten wir sehr intensiv die Kontakte aufnehmen und immer wieder betonen, wie wichtig die Mitarbeit in allen Zukunftsthemen von kleinen und mittleren Banken ist. Wir wollten unbedingt davon wegkommen, Dinge im Nachgang zu kontrollieren, sondern vorab mitzuwirken. Ich sage dazu immer, vor die Welle kommen.
Damit wir gehört wurden und werden, war es auch notwendig unsere Kommunikation zu verändern. Wir haben unsere Ausrichtung nicht mehr nur nach innen, sondern auch nach außen nun geändert. Es wurde zum einen die Kommunikation mit den Mitgliedern deutlich intensiviert und zum anderen haben wir über Homepage und Linkedin sowie Kontakt zur öffentlichen Presse gezeigt, was wir leisten. Das hat uns deutlich mehr Aufmerksamkeit eingebracht, die wir Stand heute in weit mehr aktive Mitarbeit mit allen Partnern in der GFG umsetzen konnten.
Weiterhin haben wir begonnen nicht nur auf Ansprache von außen zu warten, sondern haben uns selbst auf den Weg gemacht, nach erfolgreichen Lösungen und Konzepten für unsere Mitgliedsbanken zu suchen und diese weiterzugeben. Dabei kommen vor allem die Banken selbst mit tollen Geschäftsmodelle, Lösungsansätzen und Konzeptideen in den Vordergrund und wir dienen dann als Verbindungsglied untereinander und Netzwerkkoordinator. Wir bringen zum Beispiel Banken von der Ostsee mit Banken aus Niederbayern zusammen, aktiv sich auszutauschen, voneinander zu lernen und ihre Banken besser zu machen.
Die Professionalisierung der IG-Organisation war in dem Zusammenhang ein sehr wichtiger Schritt. Denn die Aktivitäten führten vor allem zu deutlich mehr Kommunikation auf allen Kanälen mit einer immens steigenden Anzahl an neuen Kontakten für die IG. Deswegen haben wir uns zum einen in der IG-Geschäftsstelle personell verstärkt und zum anderen die interne Organisation neu ausgerichtet und digitalisiert. Nur so können wir die vielen Aufgaben aktiv managen.
Alle Vorstandsmitglieder der IG haben sich verschiedene Fachgebiete zugeordnet. Was sind die fachlichen Schwerpunktthemen für Sie in der IG?
Hendrik Freund:
Als erstes ist mir wichtig darzulegen, dass alle Sachgebietszuordnungen in der IG kompetenzorientiert sind. Das bedeutet, dass jeder nur für die Themen verantwortlich ist, die er auch fachlich begleiten kann. So sind es in meinem Fall Themen rund um Vertrieb sowie IT und Prozesse. Als Bundessprecher darf ich neben der internen Koordination der IG auch erster Ansprechpartner für unseren Bundesverband BVR und dem Regionalverband GVB zuständig sein.
Vertrieblich stehe ich mit jedem Verbundpartner aktiv in Verbindung und ich bin wirklich sehr begeistert, wie aktiv, offen und ehrlich die Zusammenarbeit zwischen dem Verbund und der IG funktioniert. Wir haben und können so viel gemeinsam bewegen. Als direkter Sachgebietsverantwortlicher stehe ich der Union Investment, Truuco und amberra zur Verfügung. Bei der Truuco darf ich die IG auch im Expertenbeirat vertreten.
Da ich in den letzten Jahren vor allem meine Kompetenz im Bereich Orga, IT und Prozesse ausgebaut habe, bringe ich mich vor allem in der Zusammenarbeit mit der Atruvia ein. Hier stehe ich wirklich wöchentlich zu verschiedensten Themen mit den Kolleginnen und Kollegen auf allen Ebenen in Kontakt. Wir fordern hier nicht nur, sondern ich bringe mich und meine Bank aktiv in die Arbeit der Atruvia in verschiedensten Kundeneinbindungsformaten und Gremien- sowie Projektgruppen ein.
Der Vorstand der IG besteht aus 11 Mitgliedern. Dir als Bundessprecher stehen mit Jörg Porsche und Markus Urban zwei Stellvertreter zur Seite. Wie läuft die Zusammenarbeit mit deinen Stellvertretern und den Regionalvertretern?
Hendrik Freund:
Hierzu habe ich bereits einiges gesagt. Jörg, Markus und ich sind ein klasse Team. Wir ergänzen uns gegenseitig, können offen und ehrlich uns die Meinung sagen und ziehen immer gemeinsam an einem Strang. Es herrscht ein unglaubliches Vertrauen zwischen uns. Wir helfen uns auch gegenseitig bei Themen in unseren Häusern. Derzeit machen wir sogar gemeinsam ein großes Projekt, die Entwicklung und Einführung der Genossenschaftlichen Beratung FK. Viele MitarbeiterInnen unserer Häuser kennen sich mittlerweile und es ist mehr als nur ein Arbeiten unter drei Bankvorständen. Ich habe so etwas konstruktives, ehrliches und immer mit dem Quäntchen Humor versehen Zusammenarbeiten vorher noch nicht erlebt.
Auch im gesamten IG-Vorstand herrscht durchweg Aufbruchstimmung. Die Arbeit als IG-Vorstand ist sehr fordernd und intensiv. Jede unsere Sitzungen ist voll mit Themen und wie du weißt, sind wir nicht immer alle einer Meinung, so dass es auch mal in der Diskussion heiß her geht. Da jedoch jeder hier den Job aus tiefster Überzeugung und mit Herzen macht, kommen wir immer zu einem Ergebnis und stehen dafür alle ein. Als IG-Vorstand ist man ja in einem „Gremium“, was offiziell nach Statut kein Gremium ist, jedoch mittlerweile überall anerkannt ist. Jeder von uns bringt sich aktiv ein. Keiner ist nur stiller Beisitzer sondern Mitgestalter, freiwillig und aus eigenen Willen, auch wenn es dafür nicht überall Applaus gibt. Das macht den großen Unterschied aus und motiviert mich und alle Kollegen hier mitzuarbeiten.
Mit über 310 Mitgliedern sind inzwischen fast die Hälfte aller Genossenschaftsbanken in Deutschland Mitglied bei der IG. Was war damals der Antrieb ihrer Bank Mitglied bei der IG zu werden?
Hendrik Freund:
Es waren die gleichen Gründe, warum über 21 Jahre immer wieder Banken Mitglied werden. Die IG kann die Interessen der kleinen und mittleren Banken hervorragend vertreten, da die Vorstände der IG je selbst Betroffene sind und somit immer aus der Praxis sprechen können, wenn sie Themen angehen und verändern wollen.
Dass noch heute Banken freiwillig der IG beitreten, zeigt eindeutig, dass die Arbeit der IG gebraucht wird.
Was sind deiner Meinung nach die drei wichtigsten Punkte, damit auch kleine und mittlere Genossenschaftsbanken eine gute Zukunft vor sich haben?
Hendrik Freund:
Hier mache ich es mir einfach. Zum einen reichen drei Punkte leider nicht aus. Zum anderen möchte ich auf meinen erscheinenden Beitrag im Januar im Der Bank Blog verweisen, in dem ich fünf herausfordernde Themen für 2026 aufzeige, die jedoch weit über 2026 hinaus von Bedeutung sind.
Im letzten Jahr konnte die IG auf eine 20-jährige Erfolgsgeschichte zurückblicken. Glaubst du, dass die IG in Zukunft noch benötigt wird?
Hendrik Freund:
Die Frage beantwortet unsere Gruppe selbst. Wir gewinnen aktuell Mitglieder, obwohl es uns schon 21 Jahre gibt. Ich finde, dass alleine spricht für sich.
Doch die IG darf kein Selbstzweck sein oder werden. Wenn es uns weiterhin gibt, müssen wir noch mehr Bestandteil der GFG werden und wir müssen vor allem auch den Schulterschluss zu allen Volksbanken Raiffeisenbanken finden. Denn die Basisdemokratie unserer Gruppe besteht aus allen Primärbanken. Die immer größer werdende Spreizung der Bankengrößen macht dies durchaus herausfordernd, denn die Ansprüche und Geschäftsmodelle sowie Ambitionen können durchaus sehr unterschiedlich sein. Doch Größe allein definiert den Unterschied nicht. Somit sehe ich es als Aufgabe an, mehr Transparenz und Verständnis füreinander zu schaffen und bei allen Zukunftsprojekten der GFG dafür zu sorgen, dass die Primärstufe repräsentativ vertreten ist und sich einbringen kann.
Zuletzt noch eine persönliche Frage: Nach vielen Arbeitsstunden in der Bank gibt es zum Ausgleich bestimmt auch ein Hobby.
Hendrik Freund:
Viele meinen ja, dass ich nur unterwegs bin. SocialMedia lässt das vielleicht manchmal vermuten, aber ganz so ist es nicht. Natürlich ist meine Reisetätigkeit durch mein Engagement in der GFG größer geworden. Ich versuche einen guten Ausgleich zu finden. Denn meine Bank braucht mich schon auch vor Ort und für diese Bank brennt mein Herz in blau und orange. Meine Bank und meine grandiosen MitarbeiterInnen haben mich zu dem gemacht, was ich heute bin und sein darf. Aber natürlich gibt es auch den privaten Hendrik Freund mit einer tollen Familie an der Seite, die mir so oft den Rücken freihält. Und bei dem ganzen Büro- und Mentalstress braucht es für mich regelmäßig den Sport als Ausgleich, auch wenn dies wahrscheinlich wie bei den meisten von uns trotzdem zu kurz kommt.
Hendrik vielen Dank für das Gespräch.


